Auszug aus der Pressemitteilung des RPI Loccum (Lothar Veit):
„Bleiben Sie ungeduldig, fordern Sie uns heraus!“
Landeswettbewerb Evangelische Religion: Kultusminister Grant Hendrik Tonne und Landesbischof Ralf Meister würdigen die Preisträger*innen
Loccum/Helmstedt. Louisa Bahr vom Gymnasium am Bötschenberg in Helmstedt hat den dritten Platz beim Landeswettbewerb Evangelische Religion belegt. Ihr Einzelbeitrag zum Thema „Kirche in der Zukunft“ überzeugte die Jury und wurde mit 150 Euro prämiert. Sie und sechs weitere Einzel- und Gruppensieger*innen erhielten ihre Urkunden und Geldprämien am Montag bei einer Feierstunde in der Klosterkirche zu Loccum (Kreis Nienburg).
„Uns standen beim Thema alle Türen offen, es sollte jedoch ein religiöser Aspekt dabei sein“, erzählt Louisa Bahr. „Also dachte ich mir: Was ist naheliegender, als sich einfach im gesamten Beitrag mit der Zukunft der Kirche auseinanderzusetzen?“. Durch Corona seien manche ihrer visionären Vorstellungen schneller Realität geworden als erwartet, etwa was die digitalen Möglichkeiten bei Gottesdiensten angeht. Die 18-Jährige hatte sich in ihrem Wettbewerbsbeitrag ein weniger verstaubtes Bild von Kirche ausgemalt, sie hatte einen jungen kirchlichen Mitarbeiter interviewt, einen Werbeflyer für eine Konfirmanden-App entworfen und sich kritisch mit christlichen YouTubern („Sinnfluencer“) auseinandergesetzt.
Bei ihrer Laudatorin, der früheren Regionalbischöfin und Wort-zum-Sonntag-Sprecherin Oda-Gebbine Holze-Stäblein, traf sie damit einen Nerv. „Die ganze Arbeit ist so persönlich und zugleich an der Sache orientiert und konzentriert geschrieben, dass ich sie von Anfang bis Ende sehr gern gelesen habe“, sagte die Theologin. In zwei Punkten widersprach sie allerdings: Der These „Kirche ist dazu da, um mit der Zeit zu gehen“, könne sie so nicht zustimmen. Damit würde die Kirche ihre Jahrtausende alten Wurzeln, ihren „Markenkern“ aufs Spiel setzen. „Und ob Sofas in der Kirche statt der harten Bänke und eine auch im Winter gut geheizte Kirche tatsächlich schon einen Unterschied machen würden, kann man bezweifeln“, so Holze-Stäblein, „ganz abgesehen von den Konflikten mit Fridays for Future wegen der miesen Klimabilanz.“ Sie wolle aber nicht kleinlich sein – die Kirche brauche junge Menschen wie Louisa Bahr, „die den Mund aufmachen und sich auch kritisch einbringen“.
Wegen der Pandemie war die Preisverleihung dieses zehnten Landeswettbewerbs immer wieder verschoben worden, ziemlich genau ein Jahr mussten die Gewinner*innen auf die Prämierung warten. Insgesamt beteiligten sich 269 Schüler*innen der Jahrgangsstufen 10 bis 13 aus 24 Schulen in Niedersachsen mit 119 Einzel- und Gruppenbeiträgen am Wettbewerb zum Thema „Zukunft“. Zu gewinnen gab es Geldpreise zwischen 150 und 600 Euro; außerdem wurden 100 Buchpreise vergeben. Der Abgabetermin war Anfang 2020, Corona spielte da noch keine Rolle.
Kultusminister und Schirmherr Grant Hendrik Tonne verweist darauf, dass die Fragen nach der Zukunft durch die Pandemie für Kinder und Jugendliche noch drängender geworden seien: „Gerade den jungen Menschen ist ja durch Corona vieles an Zukunft genommen worden, was ihnen kurz vorher noch sicher und selbstverständlich vorkam: Schule oder Studium fanden nur noch digital statt, Praktika wurden abgesagt, Auslandsaufenthalte entfielen, Reisen, Feiern, Treffen mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten wurden drastisch eingeschränkt.“ Umso bemerkenswerter sei das Engagement vieler Jugendlicher, die sich beispielsweise um Ältere und Kranke gekümmert oder jüngeren Schülern Nachhilfe gegeben hätten, so Tonne: „Da haben die jungen Menschen ganz praktisch und niedrigschwellig in die gemeinsame Zukunft investiert.“
Interview mit Louisa
Wie kamst du auf die Idee zu deinem Wettbewerbsbeitrag?
Nach langer Überlegung und vielen Ideen zu dem Thema Zukunft entschied ich mich speziell für die Zukunft der Kirche. Durch die breit gefächerte Aufgabenformulierung standen uns alle Türen offen, sich für ein Thema zu entscheiden, vorausgesetzt es handelte sich um die Zukunft. Dabei war es uns überlassen, ob das Thema medizinisch, technisch oder gesellschaftlich angelehnt war, es sollte jedoch in mindestens einer Einlage einen religiösen Aspekt enthalten. Also dachte ich mir: „Was ist naheliegender,als sich einfach im gesamten Portfolio mit der Zukunft der Kirche auseinanderzusetzen?“.
Die Ausschreibung und der Einsendeschluss sind eine gefühlte Ewigkeit her. Die zunächst für den 25. Juni 2020 geplante Prämierung musste Corona-bedingt verschoben werden. Würdest du deinen Beitrag heute noch genauso einreichen?
Gerade durch diese sehr verrückte Zeit mit Corona traf ich ja quasi ins Schwarze mit meinem Portfolio. Meine Zukunftsvision, dass die Menschen in ein paar Jahren das „Amen“ vielleicht per WhatsApp an den/die Pfarrer/in senden, wurde kurzum mehr oder weniger zur Realität. Mit meinem jetzigen Wissensstand hätte ich eventuell die eine oder andere Einlage in ihren Details verändert oder ergänzt. Beispielsweise in Bezug auf die KonApp, bei welcher ich im Flyer die Möglichkeiten der Kommunikation, gerade während Corona, mehr in den Vordergrund hätte rücken können. im Allgemeinen hätte ich mich jedoch wieder für das Thema und meine Umsetzung entschieden.
Wer beeinflusst oder inspiriert dich?
Nachdem ich mich für das Thema entschied, half mir vor allem meine Tutorin, tiefer in das Thema einzutauchen. Sie wies mich auf bestimmte Inhalte hin und leitete mich an, um herauszufinden, was aktuell schon zur Modernisierung der Kirche getan wurde. Bei meinen Recherchen stieß ich unter anderem auf die KonApp, welcher ich ein Kapitel widmete und zu der ich einen Informationsflyer entwarf. Es inspirierte mich zudem meine Familie, welche mir Denkanstöße bei der kreativen Umsetzung der einzelnen Einlagen gab.
Was ist für dich aktuell das wichtigste Zukunfts-Thema?
Da ich vor kurzem erfolgreich mein Abitur abgeschlossen habe, ist meine eigene Zukunft zurzeit das wichtigste Thema für mich. Wie es genau weitergehen wird, weiß ich leider noch nicht. Auch aufgrund von Corona ist es zurzeit schwierig, sich umfassend zu informieren. Deshalb warten in nächster Zeit zahlreiche Praktika auf mich, um herauszufinden, welche Richtung mein späterer Lebensweg einschlagen wird.